Samstag, 24. Januar 2009
 
"Werkstatt-Prozess": Treibacher zieht zurück PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Werkstatt Frieden & Solidarität   
Dienstag, 7. November 2006

Die "Werkstatt Frieden & Solidarität" und das Solikomitee "Keine schmutzigen Geschäfte im Kongo" gaben bekannt, daß die Treibacher Industrie AG auf eine Klage gegen Gerald Oberansmayr verzichtet.

Bekanntlicherweise hat die Treibacher Industrie AG einen Aktivisten der Werkstatt Frieden & Solidarität, Gerald Oberansmayr, geklagt. Grund dafür war ein Artikel im Standard vom 30. Mai 2006, in dem sich Gerald Oberansmayr mit den schmutzigen Geschäften westlicher Konzerne bei der Rohstoffausbeutung und Bürgerkriegsfinanzierung in der DR Kongo beschäftigte. Unter anderem zitierte er dabei aus einem Urteilsspruch des Landesgerichts Korneuburg (30.11.2005), in dem auf die geschäftlichen Verbindungen zwischen der Treibacher Industrie AG und einem deutschen Geschäftsmann, Karl-Heinz Albers, Bezug genommen wird, der von der UNO des illegalen Rohstoffabbaus und der Bürgerkriegsfinanzierung beschuldigt wird. Laut Medienberichten hat Karl-Heinz Albers monatlich 300.000 US-Dollar an Bürgerkriegsgruppen gezahlt, um aus der Mine Lueshe im Osten des Kongo seltene Erze wie Coltan und Pyrochlor illegal fördern und verkaufen zu können. Die Treibacher AG hielt die Veröffentlichung dieses Urteilsspruchs des LG Korneuburg jedoch für unzulässig, da die darin zum Ausdruck kommende Bewertung der Verbindung der Treibacher AG mit Karl-Heinz Albers in der Urteilsbegründung wieder relativiert wird.

Gerald Oberansmayr war daraufhin bereit, das dem Urteilsspruch entstammende Zitat zurückzunehmen, wenn die bekannten Fakten der geschäftlichen Verbindungen sowie der gesamte Urteilstext ebenfalls öffentlich dargestellt werden, damit sich die LeserInnen selbst ein Urteil bilden können. So hatte die Treibacher Industrie AG mit Karl-Heinz Albers ein Joint-Venture zu Erforschung und Ausbeutung von Rohstoffen in Zentralafrika gegründet und sich mit 25% (plus einer Option auf die Mehrheit) an jenem estnischen Unternehmen beteiligt, an das Karl-Heinz Albers jahrelang und tonnenweise illegal abgebautes Pyrochlor aus dem Kongo lieferte. Die Treibacher AG antwortete auf dieses Angebot von Gerald Oberansmayr mit einer Klage, deren Gesamtkosten horrende EUR 240.000,- ausgemacht hätten. Die Werkstatt Frieden & Solidarität, das Solidaritätskomitee "Keine schmutzigen Geschäfte im Kongo" und viele andere Gruppen starteten daraufhin eine Solidaritätskampagne, die eine breite Öffentlichkeit erreichte und schließlich auch von Parlamentarieren aufgegriffen wurde. Der Druck dieser Arbeit war nun offensichtlich so groß, dass die Treibacher AG einen Rückzieher machte und nun auf jenen Vergleich einstieg, den Gerald Oberansmayr bereits zu Beginn gemacht hat. Die Zurücknahme des aus dem Urteilsspruch übernommenen Zitats erfolgt auf der Web-page der Werkstatt Frieden & Solidarität, sodass sowohl die Veröffentlichungskosten entfallen als auch gleichzeitig die Information über Fakten und Hintergründe, die dem Urteilsspruch des LG Korneuburg zu Grunde liegen, gewährleistet sind. Auch der gesamte Urteilsspruch samt Urteilsbegründung ist hier einsehbar, um volle Transparenz zu gewährleisten (sh. www.werkstatt.or.at). Wir sehen dieses Ergebnis als großen Erfolg, denn:

- Die horrende Klagssumme von EUR 240.000,- und der zwischenzeitliche Versuch, diese Klage erst dann fallenzulassen, wenn der Beklagte der Treibacher AG eine Art Persilschein hinsichlich ihrer Kongoaktivitäten ausstellt, waren aus unserer Sicht der Versuch, kritische Berichterstattung mundtot zu machen. Dieser Einschüchterungsversuch gegenüber kritischer Berichterstattung ist gescheitert. Mehr noch - er ist zum Bumerang geworden, denn:

- durch die Öffentlichkeits- und Solidaritätsarbeit rund um die Treibacher-Klage ist es gelungen, dem Thema Kongo/Konzerne/westliche Intervention eine viel breitere Öffentlichkeit zu verschaffen, als das bisher der Fall war. Mittlerweile hat es im Bundesrat bereits eine diesbezügliche Anfrage an das Außenministerium gegeben.

Aufruf der UNO ernstnehmen - Parlamentarische Untersuchung der Kongogeschäfte
notwendig!

Die Werkstatt Frieden & Solidarität sieht diesen Erfolg als Beleg, wie wichtig organisiertes und solidarisches Handeln ist. Es ist ein gemeinsamer Erfolg all jener Menschen, die sich auf vielfältige Weise an dieser Solidaritätsarbeit beteiligt haben. Jetzt ist es wichtig, diese Arbeit fortzusetzen. Das Thema der Involvierung westlicher Konzerne in den Krieg im Kongo muss weiter auf der politischen Tagesordnung bleiben. Der UNO-Sicherheitsrat hat alle Mitgliedsstaaten aufgerufen, die Kongogeschäfte der jeweiligen nationalen Unternehmen aufzuklären bzw. allfällig zu verfolgen, denn nicht zuletzt auf Grund der Rohstoffgeschäfte vieler westlicher Konzerne wurde dieser Krieg, dem vier Millionen Menschen zum Opfer gefallen sind, jahrelang am Laufen gehalten. Den ersten Aktivitäten im Bundesrat müssen nun weitere im neu gewählten Nationalrat folgen! Wir rufen deshalb dazu auf, weiterhin rege die Online-Unterschriften-Aktion "Schmutzige Geschäfte - Nein Danke!" zu unterstützen, damit es endlich auch in Österreich zu einer Umsetzung der Aufrufs der UNO-Sicherheitsrates kommt.

Weitere Hintergründe zur Klage: Schweigegebot für NGO

Online-Unterschriften-Aktion: "Schmutzige Geschäfte - Nein Danke!" - Für die parlamentarische Untersuchung der Kongogeschäfte österreichischer Unternehmen!
Zu
unterschreiben auf www.werkstatt.or.at

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